Als Betrug am Bürger empfinden es die Bewohner des Drei-Parteien-Hauses in der Schmied-Balthes-Straße in Waakirchen, was die Gemeinde mit ihnen gemacht hat. Per Zufall haben sie nämlich erfahren, wer ihr neuer Eigentümer ist: FWG-Gemeinderat Andreas Hagleitner. Jetzt ist von Mauscheleien die Rede.

Das Grundstücksgeschäft zwischen der Gemeinde Waakirchen und Gemeinderat Andreas Hagleitner (FWG) wurde erst kürzlich notariell besiegelt (wir berichteten). Damit ist das fünf Hektar umfassende Gewerbegebiet am Brunnenweg um 15 Prozent größer geworden.
Im Gegenzug, so hieß es vor ein paar Wochen, soll Hagleitner, der selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb in Waakirchen hat, eine gleichwertige landwirtschaftliche Fläche erhalten haben. Es sei ein 1:1-Tauschgeschäft gewesen sein, so Amtsleiter Markus Liebl damals auf Nachfrage. Der Gemeinderat hatte diesen Flächendeal einstimmig genehmigt.
Mieter verärgert
Wie sich jetzt aber herausstellte, hat die Gemeinde nicht nur landwirtschaftliche Flächen an Hagleitner abgetreten, sondern auch ein Grundstück samt Wohnhaus in der Schmied-Balthes-Straße 17. Hierbei handelt es sich um das im Gemeindebesitz befindliche ehemalige Feuerwehrhaus.
Einer der drei Mieter – der 51-jährige Peter Schletzbaum – erfuhr ganz zufällig davon. Seit 22 Jahren wohnt er in dem Haus. Nur weil sein Nachbar eine Frage zum Mietvertrag hatte und sich deshalb an die Gemeinde wandte, hätte er herausgefunden, so Schletzbaum gegenüber dem Merkur, dass das Gebäude sowie ein Teil des dazugehörigen Grundstücks an einen neuen Besitzer übergegangen sei.
Die Mieter fühlen sich „unter der Hand“ verkauft und bangen jetzt um ihre Wohnungen. Da sie nicht wissen, welche Pläne Andreas Hagleitner mit dem Haus verfolgt, gehen ihre Ängste in Richtung Rausschmiss oder Mieterhöhung. Vor allem aber ärgern sie sich darüber, dass sie von der Gemeinde über den Grundstückskauf nicht informiert worden sind. Das teilt Peter Schletzbaum auf Nachfrage mit.
Befürchtungen unbegründet
Für Bürgermeister Sepp Hartl (FWG) ist der Unmut völlig unverständlich. Auch Hagleitner sei an die Miet- und bestehenden Pachtverträge gebunden und könne diese nicht ohne Weiteres kündigen, sagt Hartl. Bei der Vertragsabwicklung sei zudem alles mit rechten Dingen zugegangen. „Für die Mieter ändert sich nichts.“ Informiert hätte man die Anwohner, so der Bürgermeister, sofort nach Notarvertragsunterzeichnung und Gemeinderatsbeschluss.
Jetzt ist es früher bekannt, aber das ist auch kein Problem.
Von Mauscheleien zwischen ihm und Hagleitner könne überhaupt keine Rede sein. Zum einen hätte ein Rechtsanwalt die Sache für die Gemeinde abgewickelt. Zum anderen seien die landwirtschaftlichen Grundstücke von Gutachtern des Bauernverbandes bewertet worden. Auch die Kommunalaufsicht schaue der Gemeinde auf die Finger. Und überhaupt, die Entscheidung hätte immer der Gesamtgemeinderat getroffen. Es sei nichts unter der Hand besprochen wurden, betont der Bürgermeister noch einmal.

Warum ausgerechnet ein bebautes Grundstück im Gegenzug für die Flächen im Gewerbegebiet angeboten wurde, würde daran liegen, dass Waakirchen nicht ausreichend landwirtschaftliche Flächen anbieten könne. Der Deal mit Hagleitner sei die einzige Möglichkeit gewesen, das Gewerbegebiet am Brunnenweg so zu vergrößern, dass nun die gesamte Fläche vermarktet werden kann.
Außerdem hätten bereits Gespräche mit Herrn und Frau Schletzbaum stattgefunden. Heute soll ein weiteres Vier-Augen-Gespräch zwischen Hagleitner und Schletzbaum stattfinden. Das teilt Schletzbaum auf telefonische Nachfrage mit. Schletzbaum will wissen, wie es weiter geht.
Wert des Tauschgeschäftes bleibt geheim
Zu welchem Preis Hagleitner seine landwirtschaftlichen Flächen am Brunnenweg abgetreten hat und welcher Wert dem gegenübersteht, darüber erfährt man allerdings von keinem der Beteiligten etwas. „Es wurde der Preis des Gutachterausschusses hergenommen. Die Verhandlungen laufen ja schon seit 2013“, ist Hartls einzige Antwort.
Mal angenommen, der Preis für einen Quadratmeter landwirtschaftliche Fläche läge bei 10 Euro, so hätte Hagleitner für 7.500 Quadratmeter (15 Prozent von 50.000 Quadratmeter) 75.000 Euro als Gegenwert erhalten müssen. Es sei denn, die landwirtschaftliche Fläche fiel bereits in die Bewertung eines bestehenden Gewerbegebietes. Dann könnte es sogar möglich sein, dass die Gemeinde den Quadratmeter mit einem weitaus höheren Preis ansetzen musste.